Seit dem 20. Jahrhundert fasziniert die Menschheit die Erforschung des Weltraums und das Verständnis dessen, was jenseits der Erde liegt. Große Organisationen wie NASA und ESA spielen eine führende Rolle in der Weltraumforschung, und ein weiterer wichtiger Akteur auf diesem Gebiet ist der 3D-Druck. Dank seiner Fähigkeit, komplexe Bauteile schnell und kostengünstig herzustellen, gewinnt diese Designtechnologie in Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglicht die Entwicklung zahlreicher Anwendungen, darunter Satelliten, Raumanzüge und Raketenkomponenten. Laut SmarTech wird der Marktwert der additiven Fertigung in der privaten Raumfahrtindustrie bis 2026 voraussichtlich 2,1 Milliarden Euro erreichen. Dies wirft die Frage auf: Wie kann der 3D-Druck der Menschheit helfen, im Weltraum erfolgreich zu sein?
Anfänglich wurde der 3D-Druck hauptsächlich für die schnelle Prototypenfertigung in der Medizin-, Automobil- und Luftfahrtindustrie eingesetzt. Mit zunehmender Verbreitung der Technologie findet sie jedoch vermehrt Anwendung bei der Herstellung von Endprodukten. Die additive Fertigung von Metallen, insbesondere das Laser-Pulverbettschmelzen (L-PBF), ermöglicht die Produktion einer Vielzahl von Metallen mit Eigenschaften und Haltbarkeit, die für extreme Weltraumbedingungen geeignet sind. Weitere 3D-Drucktechnologien wie das Direkte Aufbringen (DED), Binder Jetting und Extrusionsverfahren werden ebenfalls in der Fertigung von Luftfahrtkomponenten eingesetzt. In den letzten Jahren haben sich neue Geschäftsmodelle entwickelt; Unternehmen wie Made in Space und Relativity Space nutzen die 3D-Drucktechnologie zur Entwicklung von Luftfahrtkomponenten.
Relativity Space entwickelt 3D-Drucker für die Luft- und Raumfahrtindustrie
3D-Drucktechnologie in der Luft- und Raumfahrt
Nachdem wir sie vorgestellt haben, wollen wir uns nun die verschiedenen 3D-Drucktechnologien genauer ansehen, die in der Luft- und Raumfahrtindustrie zum Einsatz kommen. Zunächst ist anzumerken, dass die additive Fertigung von Metallen, insbesondere das Laser-Pulverbettschmelzen (L-PBF), in diesem Bereich am weitesten verbreitet ist. Bei diesem Verfahren wird Metallpulver mithilfe von Laserenergie Schicht für Schicht verschmolzen. Es eignet sich besonders für die Herstellung kleiner, komplexer, präziser und kundenspezifischer Teile. Auch das direkte Auftragen (DED) kann von Luft- und Raumfahrtunternehmen genutzt werden. Dabei wird Metalldraht oder -pulver aufgetragen, was hauptsächlich für Reparaturen, Beschichtungen oder die Herstellung kundenspezifischer Metall- oder Keramikteile eingesetzt wird.
Im Gegensatz dazu ist Binder Jetting, obwohl es hinsichtlich Produktionsgeschwindigkeit und geringer Kosten Vorteile bietet, für die Herstellung von Hochleistungsbauteilen ungeeignet, da es Nachbearbeitungsschritte zur Verstärkung erfordert, die die Fertigungszeit des Endprodukts verlängern. Die Extrusionstechnologie ist auch im Weltraumumfeld effektiv. Es ist anzumerken, dass nicht alle Polymere für den Einsatz im Weltraum geeignet sind, Hochleistungskunststoffe wie PEEK jedoch aufgrund ihrer Festigkeit einige Metallteile ersetzen können. Dieses 3D-Druckverfahren ist allerdings noch nicht sehr verbreitet, kann aber durch die Verwendung neuer Materialien zu einem wertvollen Beitrag zur Weltraumforschung werden.
Das Laser-Pulverbett-Schmelzen (L-PBF) ist eine weit verbreitete Technologie im 3D-Druck für die Luft- und Raumfahrt.
Potenzial von Weltraummaterialien
Die Luft- und Raumfahrtindustrie erforscht mithilfe des 3D-Drucks neue Materialien und entwickelt innovative Alternativen, die den Markt revolutionieren könnten. Während Metalle wie Titan, Aluminium und Nickel-Chrom-Legierungen bisher im Fokus standen, könnte ein neues Material bald die Aufmerksamkeit auf sich ziehen: Mondregolith. Mondregolith ist eine Staubschicht, die den Mond bedeckt, und die ESA hat die Vorteile der Kombination mit 3D-Druck demonstriert. Advenit Makaya, leitender Fertigungsingenieur der ESA, beschreibt Mondregolith als ähnlich wie Beton, hauptsächlich bestehend aus Silizium und anderen chemischen Elementen wie Eisen, Magnesium, Aluminium und Sauerstoff. Die ESA arbeitet mit Lithoz zusammen, um kleine Funktionsteile wie Schrauben und Zahnräder aus simuliertem Mondregolith herzustellen, dessen Eigenschaften dem von echtem Mondstaub ähneln.
Die meisten Verfahren zur Herstellung von Mondregolith nutzen Wärme, wodurch es mit Technologien wie SLS und Pulverbondierung kompatibel ist. Die ESA verwendet außerdem die D-Shape-Technologie, um durch Mischen von Magnesiumchlorid mit anderen Materialien und anschließendes Verbinden mit dem im simulierten Material enthaltenen Magnesiumoxid feste Bauteile herzustellen. Ein wesentlicher Vorteil dieses Mondmaterials ist seine höhere Druckauflösung, die die Fertigung von Bauteilen mit höchster Präzision ermöglicht. Diese Eigenschaft könnte sich als entscheidender Vorteil für die Erweiterung des Anwendungsspektrums und die Herstellung von Komponenten für zukünftige Mondbasen erweisen.
Mondregolith ist überall
Es gibt auch Marsregolith, also unterirdisches Material vom Mars. Internationale Raumfahrtagenturen können dieses Material derzeit nicht gewinnen, was Wissenschaftler jedoch nicht davon abhält, sein Potenzial für bestimmte Raumfahrtprojekte zu erforschen. Forscher verwenden simulierte Proben dieses Materials und kombinieren es mit Titanlegierungen, um Werkzeuge oder Raketenkomponenten herzustellen. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass dieses Material eine höhere Festigkeit bietet und die Ausrüstung vor Rost und Strahlenschäden schützt. Obwohl beide Materialien ähnliche Eigenschaften aufweisen, ist Mondregolith nach wie vor das am besten untersuchte Material. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Materialien vor Ort hergestellt werden können, ohne dass Rohstoffe von der Erde transportiert werden müssen. Darüber hinaus ist Regolith eine unerschöpfliche Materialquelle und trägt so dazu bei, Knappheit zu vermeiden.
Die Anwendungsmöglichkeiten der 3D-Drucktechnologie in der Luft- und Raumfahrtindustrie
Die Einsatzmöglichkeiten der 3D-Drucktechnologie in der Luft- und Raumfahrtindustrie variieren je nach verwendetem Verfahren. So kann beispielsweise das Laser-Pulverbett-Schmelzverfahren (L-PBF) zur Herstellung komplexer, kurzlebiger Bauteile wie Werkzeugsysteme oder Ersatzteile für die Raumfahrt eingesetzt werden. Das kalifornische Startup Launcher nutzte die Saphir-Metall-3D-Drucktechnologie von Velo3D, um sein E-2-Flüssigkeitsraketentriebwerk zu optimieren. Mit dem Verfahren des Herstellers wurde die Induktionsturbine gefertigt, die eine entscheidende Rolle bei der Beschleunigung und dem Einleiten von flüssigem Sauerstoff (LOX) in die Brennkammer spielt. Turbine und Sensor wurden jeweils im 3D-Druckverfahren hergestellt und anschließend montiert. Diese innovative Komponente ermöglicht der Rakete einen höheren Flüssigkeitsdurchsatz und mehr Schub und ist somit ein wesentlicher Bestandteil des Triebwerks.
Velo3D hat zur Anwendung der PBF-Technologie bei der Herstellung des E-2-Flüssigkeitsraketentriebwerks beigetragen.
Die additive Fertigung findet vielfältige Anwendung, unter anderem bei der Herstellung kleiner und großer Strukturen. So lassen sich beispielsweise mit 3D-Drucktechnologien wie der Stargate-Lösung von Relativity Space große Bauteile wie Raketentreibstofftanks und Propellerblätter fertigen. Relativity Space hat dies mit der erfolgreichen Produktion der Terran 1 unter Beweis gestellt, einer fast vollständig 3D-gedruckten Rakete, deren Treibstofftank mehrere Meter lang ist. Ihr Erststart am 23. März 2023 demonstrierte die Effizienz und Zuverlässigkeit additiver Fertigungsverfahren.
Die Extrusions-basierte 3D-Drucktechnologie ermöglicht auch die Herstellung von Bauteilen aus Hochleistungsmaterialien wie PEEK. Komponenten aus diesem thermoplastischen Kunststoff wurden bereits im Weltraum getestet und im Rahmen der Mondmission der Vereinigten Arabischen Emirate auf dem Rover Rashid montiert. Ziel dieses Tests war die Bewertung der Beständigkeit von PEEK gegenüber den extremen Bedingungen auf dem Mond. Bei Erfolg könnte PEEK Metallteile in Situationen ersetzen, in denen diese versagen oder Materialien knapp sind. Darüber hinaus könnten die geringen Leichtbaueigenschaften von PEEK für die Weltraumforschung von Vorteil sein.
Die 3D-Drucktechnologie kann zur Herstellung einer Vielzahl von Teilen für die Luft- und Raumfahrtindustrie eingesetzt werden.
Vorteile des 3D-Drucks in der Luft- und Raumfahrtindustrie
Zu den Vorteilen des 3D-Drucks in der Luft- und Raumfahrtindustrie zählt die verbesserte Optik der Bauteile im Vergleich zu traditionellen Fertigungsmethoden. Johannes Homa, CEO des österreichischen 3D-Druckerherstellers Lithoz, erklärte: „Diese Technologie macht Bauteile leichter.“ Dank der Designfreiheit sind 3D-gedruckte Produkte effizienter und ressourcenschonender. Dies wirkt sich positiv auf die Umweltbilanz der Bauteilproduktion aus. Relativity Space hat gezeigt, dass die additive Fertigung die Anzahl der für die Herstellung von Raumfahrzeugen benötigten Komponenten deutlich reduzieren kann. Bei der Terran-1-Rakete konnten so 100 Teile eingespart werden. Darüber hinaus bietet diese Technologie erhebliche Vorteile hinsichtlich der Produktionsgeschwindigkeit: Die Rakete wurde in weniger als 60 Tagen fertiggestellt. Im Gegensatz dazu kann die Herstellung einer Rakete mit traditionellen Methoden mehrere Jahre dauern.
Im Hinblick auf das Ressourcenmanagement kann der 3D-Druck Material einsparen und in manchen Fällen sogar Abfallrecycling ermöglichen. Zudem kann die additive Fertigung einen wertvollen Beitrag zur Reduzierung des Startgewichts von Raketen leisten. Ziel ist es, die Nutzung lokaler Materialien wie Regolith zu maximieren und den Materialtransport im Raumfahrzeug zu minimieren. Dadurch kann lediglich ein 3D-Drucker mitgeführt werden, der nach dem Flug alle benötigten Teile vor Ort herstellen kann.
Made in Space hat bereits einen ihrer 3D-Drucker zu Testzwecken ins Weltall geschickt.
Grenzen des 3D-Drucks im Weltraum
Obwohl der 3D-Druck viele Vorteile bietet, ist die Technologie noch relativ neu und weist Einschränkungen auf. Advenit Makaya erklärte: „Eines der Hauptprobleme der additiven Fertigung in der Luft- und Raumfahrtindustrie ist die Prozesskontrolle und -validierung.“ Hersteller können zwar im Labor die Festigkeit, Zuverlässigkeit und Mikrostruktur jedes Bauteils vor der Validierung prüfen – ein Verfahren, das als zerstörungsfreie Prüfung (ZfP) bekannt ist. Dies kann jedoch zeitaufwändig und kostspielig sein, weshalb das Ziel darin besteht, den Bedarf an diesen Tests zu reduzieren. Die NASA hat kürzlich ein Zentrum eingerichtet, das sich mit diesem Problem befasst und sich auf die schnelle Zertifizierung von additiv gefertigten Metallkomponenten konzentriert. Das Zentrum will digitale Zwillinge nutzen, um Computermodelle von Produkten zu verbessern. Dies soll Ingenieuren helfen, die Leistungsfähigkeit und die Grenzen der Bauteile besser zu verstehen, beispielsweise wie viel Druck sie vor dem Bruch aushalten können. Dadurch hofft das Zentrum, die Anwendung des 3D-Drucks in der Luft- und Raumfahrtindustrie zu fördern und ihn im Wettbewerb mit traditionellen Fertigungstechniken wettbewerbsfähiger zu machen.
Diese Komponenten wurden umfassenden Zuverlässigkeits- und Festigkeitsprüfungen unterzogen.
Andererseits gestaltet sich der Verifizierungsprozess anders, wenn die Fertigung im Weltraum erfolgt. Advenit Makaya von der ESA erklärt: „Es gibt ein Verfahren, bei dem die Teile während des Druckvorgangs analysiert werden.“ Diese Methode hilft festzustellen, welche gedruckten Produkte geeignet sind und welche nicht. Zusätzlich existiert ein Selbstkorrektursystem für 3D-Drucker, die für den Einsatz im Weltraum konzipiert sind und derzeit an Metallmaschinen getestet werden. Dieses System kann potenzielle Fehler im Fertigungsprozess erkennen und seine Parameter automatisch anpassen, um etwaige Defekte am Bauteil zu beheben. Man erwartet, dass diese beiden Systeme die Zuverlässigkeit gedruckter Produkte im Weltraum verbessern werden.
Zur Validierung von 3D-Drucklösungen haben NASA und ESA Standards festgelegt. Diese Standards umfassen eine Reihe von Tests zur Bestimmung der Bauteilzuverlässigkeit. Sie berücksichtigen die Pulverbettfusionstechnologie und werden für weitere Verfahren aktualisiert. Viele große Unternehmen der Materialindustrie, wie Arkema, BASF, DuPont und Sabic, bieten diese Rückverfolgbarkeit ebenfalls an.
Leben im Weltraum?
Mit dem Fortschritt der 3D-Drucktechnologie haben wir auf der Erde viele erfolgreiche Projekte gesehen, die diese Technologie zum Hausbau nutzen. Dies lässt uns fragen, ob dieses Verfahren in naher oder ferner Zukunft auch zum Bau bewohnbarer Strukturen im Weltraum eingesetzt werden könnte. Obwohl ein Leben im Weltraum derzeit unrealistisch ist, könnte der Bau von Häusern, insbesondere auf dem Mond, für Astronauten bei der Durchführung von Weltraummissionen von Vorteil sein. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) verfolgt das Ziel, Kuppeln auf dem Mond aus Mondregolith zu errichten, aus dem Wände oder Ziegel zum Schutz der Astronauten vor Strahlung gefertigt werden können. Laut Advenit Makaya von der ESA besteht Mondregolith aus etwa 60 % Metall und 40 % Sauerstoff und ist ein essenzieller Rohstoff für das Überleben der Astronauten, da er, wenn er daraus gewonnen wird, eine unerschöpfliche Sauerstoffquelle darstellt.
Die NASA hat ICON einen Zuschuss in Höhe von 57,2 Millionen US-Dollar für die Entwicklung eines 3D-Drucksystems zum Bau von Strukturen auf der Mondoberfläche gewährt und arbeitet zudem mit dem Unternehmen an der Errichtung eines Mars-Habitats auf der Düne Alpha. Ziel ist es, die Lebensbedingungen auf dem Mars zu testen, indem Freiwillige ein Jahr lang in einem solchen Habitat leben und so die Bedingungen auf dem Roten Planeten simulieren. Diese Bemühungen stellen wichtige Schritte hin zum direkten Bau von 3D-gedruckten Strukturen auf Mond und Mars dar und könnten letztendlich den Weg für die bemannte Raumfahrt ebnen.
In ferner Zukunft könnten diese Häuser das Überleben im Weltraum ermöglichen.
Veröffentlichungsdatum: 14. Juni 2023
